Depressionen – Differentialdiagnostik

Depressionen können vielschichtige Hintergründe haben und sind daher einer gründlichen Differentialdiagnostik zu unterwerfen.

Psychische Probleme, körperliche Erkrankungen, Neurotransmitterdisbalancen können Depressionen auslösen. Entsprechend vielschichtig sind die Behandlungsmethoden von internistischer Behandlung über Pharmakotherapie bis Psychotherapie.

Depressive Erkrankungen nach der ICD10

Exogene Depression = F 0
Die exogen begründete Depression kann auftreten als Begleiterscheinung einer Krankheit.  z.B. Stoffwechselgifte bei Krebserkrankung, postoperativ, Wochenbett (Hormonstörung) etc. Sie wird manchmal auch symptomatische Depression genannt, wenn die Erkrankung außerhalb des Gehirns gegeben ist (z.B. bei Hormonstörungen). Von hirnorganisch bedingter Depression spricht man, wenn diese durch Erkrankung des Gehirns (zerebrale Erkrankung wie Hirnatrophie, Hirninfarkt) verursacht wird.

Depressive Störungen bei Sucht bzw. Entzugssyndrom = F1

Endogene Depression = F 3
Es handelt sich hierbei um eine Gruppe krankhafter, d.h. unmotivierter Stimmungsschwankungen bzw. –veränderungen auf Grund von Neurotransmitter-Disbalancen im Gehirnstoffwechsel. Sie verlaufen in der Regel episodenhaft über Monate bis maximal 2 Jahre.

Eine Episode kann unipolar von einer  manischen (inadäquat gehobene Stimmung) oder einer depressiven Phase (unmotiviert herabgestimmt, Schlafstörungen), und bipolar von manisch-depressiven Phasen eingenommen sein. Typisch sind mit den Stimmungsschwankungen auch Veränderungen des Denkens und der Motorik gegeben.

Die Ursachen sind bis heute unklar. Man diskutiert genetische, biologische und psychosoziale Faktoren (multifaktorielle Genese). Die Erkrankung verläuft in Phasen mit symptomfreien Intervallen: Leichte – mittlere und schwere depressive Episoden (mit/ohne psychotischen Symptomen).

Sie ist (in der schwere Ausprägung) charakterisiert durch starke Antriebslosigkeit, schwere depressive Verstimmung mit Grübelzwang und dem Gefühl der Gefühllosigkeit, Durchschlafstörungen mit Früherwachen und Morgentief. Typisch sind starke vegetative Begleitsymptome wie z.B. Appetitlosigkeit, Mundtrockenheit  und Verstopfung, Gewichtsabnahme und Haarausfall; bei ca. einem Drittel der Fälle geht die Erkrankung mit synthymem Wahn (etwa Verschuldungswahn) einher. Die Rückfalltendenz ist stark (Rezidiv).

Depression im Rahmen einer Zyklothymia = F 3
andauernde Instabilität der Stimmung mit zahlreichen leichteren Perioden leichter Depression und leicht gehobener Stimmung. Chronischer Verlauf, trotz z.T. normalen bzw. stabilen Phasen. Stimmungsschwankungen sind unabhängig von Lebensereignissen und beginnen im Erwachsenenalter.

Reaktive Depression im Rahmen einer Anpassungsstörung = F 4
Die Symptome stehen in einem engen zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit einer starken Belastung.

Eine Anpassungsstörung ist nach der Definition des ICD 10 ein „subjektives Leiden und eine emotionale Beeinträchtigung mit Einschränkung der sozialen Funktionen und Leistungen nach entscheidenden Lebensveränderungen (z.B. Emigration) oder belastenden Ereignissen (z.B. Todesfall, Trennung).“

Die Störung beginnt meistens innerhalb eines Monats nach dem belastenden Ereignis und hält selten länger als 6 Monate an. Es besteht Symptomvielfalt mit Anhedonie, Depressivität und Rückzug im Vordergrund.

Neurotische Depression = F 34.1
Ursache sind unbewußte ungelöste Konflikte. Die Symptomatik ist langwierig (Dauer über zwei Jahre) und neigt zur Chronifizierung. Begriffe: Dysthymia oder depressive Neurose.

Bei der Dysthymia handelt es sich um eine langandauernde anhaltende depressive Verstimmung, die nicht ausgeprägt genug ist, um die Kriterien für eine unipolare oder bipolare depressive Störung (endogene Depression) zu erfüllen. Dysthymia ist im Querschnitt (d.h. punktuell) nicht immer von der depressiven Episode eindeutig zu differenzieren. Nicht selten werden psychisch-reaktiv ausgelöste depressive Episoden als Dysthymia fehldiagnostiziert.

Aus psychoanalytischer Sichtweise wird einerseits eine frühe Verlusterfahrung hinsichtlich einer fürsorglichen, förderlichen und stabilen Beziehung meist zur mütterlichen Bezugsperson gesehen. Andererseits kann auch eine verwöhnende Haltung überfürsorglicher Eltern die autonome Entwicklung des Kindes behindern und Hintergrund einer später depressiven Neurose bilden.

Die verhaltenstherapeutische Sichtweise bezieht sich im Wesentlichen auf zwei Modelle: Seligmans Modell der erlernten Hilflosigkeit sowie das Depressionsmodell nach Beck.